Gesundheitsfinanzierung
Um globale Gesundheitsziele zu erreichen, bedarf es ausreichender Finanzierung

Um globale Gesundheitsziele wie das Ende von Aids, Tuberkulose und Malaria (SDG 3.3) zu erreichen, braucht es mehr als politische Bekenntnisse, es braucht ausreichende, verlässliche und faire Finanzierung. Ohne externe Unterstützung durch öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA – Official Development Assistance) haben viele Länder mit niedrigem Einkommen keine Chance, das Menschenrecht auf Gesundheit umzusetzen.
Das Aktionsbündnis gegen Aids setzt sich dafür ein, dass Deutschland einen gerechten Beitrag zur globalen Gesundheitsfinanzierung leistet, insbesondere für benachteiligte Bevölkerungsgruppen und Menschen mit HIV. Unser Engagement umfasst dabei nicht nur die HIV-Bekämpfung, sondern auch die Förderung allgemeiner Gesundheitssysteme und die politische Stärkung von ODA, etwa im Rahmen einer Zusammenarbeit mit medmissio und weiteren Organisationen.
Der UN-Richtwert von 0,7 % des BNE, die sogenannte ODA-Quote
Die Vereinten Nationen (UN – United Nations) haben sich bereits 1970 in einer Resolution darauf verständigt, dass die wirtschaftlich fortgeschrittenen Staaten 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit bis zur Mitte des damaligen Jahrzehnts zur Verfügung stellen.
Im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2023 erreichten bzw. übertrafen jedoch gerade einmal 4 Länder das vereinbarte Ziel. Nach Lesart der OECD belief sich die deutsche ODA-Quote im Jahr 2024 auf 0,67 Prozent des BNE. Rechnet man aber die Mittel heraus, die Deutschland nicht verlassen oder als Darlehen vergeben werden, dann bleiben nur 0,48 % des BNE für genuine Entwicklungshilfe übrig. Das hat enorme Auswirkungen, da Deutschland über die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt verfügt.
Es ist ein ausgesprochener Skandal, dass viele ODA-Geberstaaten trotz gestiegener Bedarfe ihre finanziellen Leistungen drastisch kürzen. Laut OECD wird die gesamte ODA im Jahr 2025 um 9 bis 17 Prozent fallen und die geplanten ODA-Kürzungen werden die ärmsten Länder und lebenswichtigen Dienste am härtesten treffen. Und bereits jetzt verursachen die radikalen Einschnitte in der ODA-Finanzierung großes Leid, wofür nicht nur aber allen voran die umfassenden Kürzungen der USA verantwortlich sind.
Gerade den am stärksten benachteiligten Ländern wird es damit verwehrt, die dringend notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation und den Aufbau von Gesundheitssystemen und anderen Grunddiensten zu planen und zu verwirklichen. Als Folge dessen rückt die Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in weite Ferne. Denn es besteht eine jährliche Finanzierungslücke in Höhe von 4 Billionen US-Dollar, um die SDGs zu verwirklichen.
Die WHO-Empfehlung von 0,1% für Gesundheit
Schon 2001 hat das Expertengremium zu "Makroökonomie und Gesundheit" der Weltgesundheitsorganisation (WHO – World Health Organisation) in einem Bericht die Empfehlung abgegeben, dass die Industrieländer mindestens 0,1 Prozent ihres BNE für den Ausbau der Gesundheitsdienste in den armen Ländern bereitstellen müssen.
Von diesem Ziel ist Deutschland noch weiter entfernt als von dem UN-Richtwert. Nach Berechnungen von medmissio lagen die ausgezahlten ODA-Zuschüsse für Gesundheit im Jahr 2024 bei 2,534 Milliarden Euro, was nur 0,057 % des BNE entsprach.
Lediglich vier Nationen erreichten bzw. übertrafen das gesundheitsbezogene ODA-Ziel von 0,1 % des BNE im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2023. Alle DAC-Staaten zusammen stellten mit 0,047 % des BNE weniger als die Hälfte der erforderlichen Ressourcen für Gesundheit bereit. Das heißt die Geberländer hätten mehr als das Doppelte für gesundheitsspezifische ODA ausgeben müssen. Dies hätte wesentlich höhere öffentliche Ausgaben für Gesundheit in den ODA-Empfängerländern zur Folge gehabt. Da diese Ausgaben nachweislich mit einer geringeren Sterblichkeit von Kindern und Unter-60-Jährigen verbunden sind, ist anzunehmen, dass Millionen vorzeitiger Todesfälle hätten verhindert werden können.
Doch anstatt dieses Versäumnis mit höherer Gesundheits-ODA auszugleichen, kürzen die Geberstaaten massiv und mit desaströsen Folgen. Die drastischen Mittelkürzungen könnten bis 2030 zu mehr als 14 Millionen zusätzlichen Todesfällen führen, davon 4,5 Millionen Kinder unter 5 Jahren.
Inländische Ressourcenmobilisierung
Inländische Ressourcenmobilisierung (DRM – Domestic Resource Mobilization) beschreibt die Fähigkeit eines Landes eigene finanzielle Mittel aufzubringen, um wichtige Leistungen wie beispielsweise eine adäquate Gesundheitsversorgung realisieren zu können. Idealerweise wäre jede Nation auf der Welt dazu im Stande, wodurch ODA nicht mehr nötig wäre.
Allerdings existieren zahlreiche Staaten, die aufgrund von zu geringer Wirtschaftskraft, zu niedrigen Steuereinnahmen und/oder zu hohen Ausgaben wie Zins- und Schuldenrückzahlungen nicht in der Lage sind, eine ausreichende Finanzierung für Gesundheitsdienste einzunehmen. Das Problem wird zusätzlich dadurch verschärft, dass es sich dabei oft um dieselben Länder handelt, die bereits stark unter hohen Krankheitslasten durch HIV/Aids und andere Erkrankungen leiden.
Angesichts dieser Tatsache müssen einerseits die Steuerkapazitäten und Gesundheitsausgaben in diesen Ländern gestärkt werden, indem sogenannte Gesundheitssteuern auf Tabak, Alkohol sowie zuckerhaltige Getränke erhoben werden und sowohl die Steuerquote im Verhältnis zum BNE als auch die öffentlichen Gesundheitsausgaben auf mindestens 15 % steigen.
Andererseits muss denjenigen Staaten mit stark erhöhter ODA geholfen werden, die entweder trotz Fortschritten in diesen Bereichen immer noch über zu wenig Finanzmittel für eine adäquate Gesundheitsversorgung verfügen oder noch mehr Zeit benötigen, bis sie auf eigenen finanziellen Füßen stehen können.









