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Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach und Haushälter*innen

Förderung von UNAIDS im Bundeshaushalt in der Höhe von 20 Millionen € und Einrichtung einer eigenen Budgetlinie

Platz der Nationen in Genf - Veranstaltungsort des UNAIDS PCB Meetings Foto: Peter Wiessner

Am 5. Juli 2023 veröffentlichte die Bundesregierung den Kabinettsentwurf für den Haushalt 2024. Wir haben mit Entsetzen festgestellt, dass der Titel “Kosten der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens” um mehr als die Hälfte gekürzt werden soll. Diese drastische Kürzung gibt Anlass zur Sorge, dass die weitere Förderung von UNAIDS gefährdet ist. Wir richten uns an einen Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach und an die, für globale Gesundheit zuständigen Haushälter*innen, mit der Bitte um einen unserer Wirtschaftskraft angemessenen und dauerhaften Beitrag für UNAIDS und die Einrichtung einer eigenen Budgetlinie zur Unterstützung des gemeinsamen HIV-Programms der Vereinten Nationen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

am 5. Juli veröffentlichte die Bundesregierung den Kabinettsentwurf für den Haushalt 2024. Wir, das Aktionsbündnis gegen Aids, ein Netzwerk aus rund 300 Gruppen und Organisationen haben mit Entsetzen festgestellt, dass der Titel “Kosten der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens” (532 04-314) um mehr als die Hälfte gekürzt werden soll. In diesem Titel werden auch Beiträge für UNAIDS hinterlegt. Diese drastische Kürzung gibt Anlass zur Sorge, dass die weitere Förderung von UNAIDS gefährdet ist. Als Aktionsbündnis gegen AIDS setzten wir uns seit 2002 dafür ein, dass Deutschland seiner Verantwortung als wirtschaftlich privilegierter Industriestaat gerecht wird und einen angemessenen Beitrag zur Erreichung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen und die globale Bewältigung von HIV und Aids leistet. Nur so können die gesundheitsbezogenen, durch die Vereinten Nationen beschlossenen nachhaltigen Entwicklungsziele bis 2030 erreicht werden.  

Die Arbeit von UNAIDS ist für die globale Bewältigung von HIV und Aids unverzichtbar. Einige wichtige Funktionen von UNAIDS bestehen in der Entwicklung der durch die Vereinten Nationen verabschiedeten globalen AIDS-Strategie, sowie im Erfassen und in der Interpretation von Daten zur globalen HIV-Pandemie.

Diese, aus der Datenlage extrahierten Kenntnisse sind für die Entwicklung und Umsetzung zielgerichteter und ressourcenorientierter HIV-Programme - bspw. durch den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria und PEPFAR - eine unabdingbare Voraussetzung.  

Deutschland hat derzeit den Vorsitz des Programme Coordinating Board Meetings (UNAIDS PCB) inne. Der Vorsitz bei diesen Treffen ist eine außerordentlich verantwortungsvolle Position, die mit hohem internationalem Ansehen, aber auch mit Verpflichtungen einhergeht: Deutschland sollte als weltweit angesehener Vorreiter im Bereich globaler Gesundheit, seinem Ansehen als „Global Health Champion“ entsprechen. Dies muss sich auch in der Finanzierung von UNAIDS widerspiegeln. 

Deutschland ist Gründungsmitglied von UNAIDS, hat jedoch in der Vergangenheit, mit nur wenigen Ausnahmen, nie mehr 2 bis 3 Prozent zum Kernbudget beigetragen. Darüber hinaus sanken die deutschen Beiträge in den vergangenen Jahren: 5 Millionen Euro (2022) und 3,75 Millionen Euro (2023). UNAIDS befindet sich in einer akuten Finanzierungskrise. 

Zur Umsetzung des gemeinsamen Programms 2022-2023 verabschiedete das UNAIDS PCB Meeting im Jahr 2021 ein Kernbudget von jährlich 210 Millionen USD. Als absolutes Minimum sollten die Geberstaaten mindestens 187 Millionen USD zur Verfügung zu stellen. Auch Deutschland hat diese Entscheidung mitgetragen. Obwohl wir wissen, dass dieser Betrag eine Voraussetzung für die weitere Arbeit von UNAIDS darstellt, wurde die anvisierte Summe nicht erreicht. Das für 2023 erwartete Finanzvolumen liegt derzeit bei nur 159 Millionen USD, das sind 28 Millionen unterhalb des kalkulierten Mindestbedarfs und 51 Millionen USD unterhalb der oberen Marke von 210 Millionen USD.

Die Finanzierungskrise hat für UNAIDS, Menschen mit HIV und laufende Programme auf Länderebene leider konkrete Auswirkungen: Im Verlauf des vergangenen Jahres mussten operative Kapazitäten von UNAIDS um 25 % gekürzt werden. Es droht die Schließung von weiteren Länderbüros.

Um UNAIDS bei dieser Finanzierungskrise zu unterstützen und der Verantwortung Deutschlands gerecht zu werden, empfehlen wir einen deutschen Beitrag an UNAIDS in Höhe von jährlich mindestens 20 Millionen Euro. Zusätzlich sollte eine eigene Budgetlinie für UNAIDS eingerichtet werden, damit die Finanzierung langfristig gesichert ist.

Die 20 Millionen Euro setzen sich aus dem Fair Share Anteil in der Höhe von 15 Millionen Euro und einem zusätzlichen Beitrag, den Deutschland als Vorsitzende der UNAIDS PCB Meetings leisten sollte, zusammen. Der faire Beitrag Deutschlands für UNAIDS von 15 Millionen Euro ergibt sich aus den aktuellen Wechselkursen vom Juli 2023 sowie dem Anteil der deutschen Wirtschaftskraft an allen DAC-Mitgliedsstaaten, der etwa 8 % ausmacht. Denn gemessen am UNAIDS Kernbudget in Höhe von 210 Millionen USD entsprechen diese 8 % einem Betrag von 15 Millionen Euro. 

Deutschland muss während seines Vorsitzes bei den UNAIDS PCB Meetings eine Vorreiterrolle spielen und mit gutem Beispiel vorangehen. 

Die drastischen Kürzungen bei UNAIDS erfordern schnelles finanzielles Gegensteuern, um weiteren Schaden im internationalen Kampf gegen HIV/AIDS abzuwenden. Die aktuellen, durch UNAIDS am 13. Juni 2023 veröffentlichten Daten zur globalen HIV-Pandemie verdeutlichen, dass Aids bis 2030 beendet werden kann. Dazu sind allerdings politische und finanzielle Entscheidungen notwendig, zu der Deutschland einen angemessenen Beitrag leisten muss.  

Wir haben uns mit einer gleichlautenden Version dieses Briefs an die für globale Gesundheit zuständigen Haushälter*innen gerichtet.   

Falls Sie Fragen an uns haben sollten, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung

Mit freundlichen Grüßen,

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024