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Rückblick

Diskussion zu alternativen Finanzierungsmechanismen und Debt2Health

Nur einen Tag nachdem Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan beim World Health Summit die deutsche Zusage von einer Milliarde Euro für den Globalen Fonds bekannt gegeben hatte, eine Kürzung um rund 23 Prozent im Vergleich zur letzten Finanzierungsperiode, davon 100 Millionen Euro über den Debt2Health-Mechanismus, fand unsere gemeinsam mit dem Global Fund Advocates Network (GFAN) organisierte Paneldiskussion zum Thema „Innovative Partnerschaften jenseits klassischer Entwicklungszusammenarbeit (ODA): Debt2Health“ statt, das inmitten der aktuellen Replenishment-Debatte kaum aktueller hätte sein können.

Debt2Health, 2007 von Deutschland und dem Globalen Fonds ins Leben gerufen, ist Teil der Schuldenumwandlungsfazilität der Bundesregierung. Sie erlaubt es, auf Rückflüsse aus früherer Entwicklungszusammenarbeit, bis zu 150 Millionen Euro jährlich, zu verzichten, wenn das Schuldnerland die entsprechenden Beträge in gemeinsam vereinbarte Projekte investiert. Beim Debt2Health-Programm fließen diese Mittel direkt an den Globalen Fonds, der sie für Gesundheitsprogramme im betreffenden Land einsetzt, etwa zur Bekämpfung von HIV, Tuberkulose und Malaria. Deutschland hat dieses Instrument in inzwischen zehn Vereinbarungen erfolgreich umgesetzt, ein erprobter Weg, um zusätzliche Mittel für Gesundheit zu mobilisieren, ohne den Bundeshaushalt zu belasten.

Die Diskussion wurde von Katy Kydd Wright (GFAN) und Peter Wiessner (Aktionsbündnis gegen AIDS) moderiert. Nach einer Einführung von Dr. Christoph Benn (Joep Lange Institute), der kurzfristig für Bundesgesundheitsminister a.D. Prof. Dr. Karl Lauterbach einsprang, diskutierten:

  • Dr. Bärbel Kofler, Parlamentarische Staatssekretärin beim BMZ
  • Peter Sands, Executive Director, The Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria
  • Ms. Dwi Puspasari, Acting Director, Center for Health Intervention Policy, Indonesien
  • Kinz ul Eman, CEO, Dopasi Foundation (Pakistan) und Board Member, Pandemic Fund
  • Anudari (Anuka) Anar, Executive Director, Youth LEAD Mongolia
  • Tilman Rüppel, Vorstandsmitglied, Aktionsbündnis gegen AIDS Deutschland

In ihren Beiträgen beleuchteten die Panelist*innen die Chancen und Grenzen von Debt2Health aus unterschiedlichen Perspektiven: Deutschland als Pionier und Geber, Indonesien als eines der ersten Partnerländer mit drei abgeschlossenen Vereinbarungen, sowie Pakistan und Mongolei mit Erfahrungen aus jüngeren Programmen. 

Zwischen Haushaltslogik und globaler Verantwortung

In seiner Einführung hob Dr. Christoph Benn Deutschlands Vorreiterrolle bei der Entwicklung und Umsetzung von Debt2Health hervor. Das Panel nahm diese Perspektive auf und diskutierte, wie sich das Instrument in einer Zeit knapper Entwicklungsbudgets und wachsender Verschuldung weiterentwickeln lässt.

Tilman Rüppel eröffnete die Diskussion mit der Frage, was Debt2Health eigentlich leistet und wo seine Grenzen liegen. Er beschrieb es als Mechanismus, der Verbindlichkeiten in Entwicklungschancen verwandelt, aber auch von klaren politischen Entscheidungen und sorgfältiger Abstimmung abhängt. Die Diskussion machte deutlich, dass Debt2Health kein Ersatz für klassische ODA ist, wohl aber ein wirkungsvolles ergänzendes Instrument, das zusätzliche Mittel für globale Gesundheit mobilisieren kann.

Erfahrungen aus Partnerländern

Wie das in der Praxis aussieht, zeigte Ms. Dwi Puspasari: Indonesien hat bisher drei Debt2Health-Abkommen mit Deutschland geschlossen und konnte dadurch Investitionen in Diagnostik, Prävention und die Stärkung der Tuberkulose-Programme umsetzen. Puspasari betonte, dass Debt2Health eine verlässliche und partnerschaftliche Grundlage bietet, um nationale Gesundheitsstrategien umzusetzen, sofern Abstimmungsprozesse transparent bleiben.

Aus der Perspektive der Zivilgesellschaft  beschrieb  Kinz ul Eman als wirkungsvolles und glaubwürdiges Instrument, das Vertrauen zwischen Finanz- und Gesundheitsministerien stärken kann. Pakistan war 2007 das erste Land, das eine Debt2Health-Vereinbarung umsetzte: Deutschland erließ damals bilaterale Schulden, während Pakistan diese in HIV-, Tuberkulose- und Malaria-Programme investierte, kanalisiert über den Globalen Fonds. Diese Struktur habe, so Eman, erstmals eine Brücke zwischen verschiedenen Regierungsressorts geschaffen und ermögliche zivilgesellschaftlichen Organisationen, in Finanz- und Planungsprozesse eingebunden zu werden. 

Anuka Anar ergänzte die Diskussion um Erfahrungen aus der Mongolei, wo Debt2Health als jüngstes Beispiel zivilgesellschaftlicher Mitgestaltung gilt. Sie hob hervor, dass die Initiative nicht nur zusätzliche Mittel mobilisiert, sondern auch Beteiligung ermöglicht: Über den Country Coordinating Mechanism (CCM) wurden erstmals Community-Organisationen in Entscheidungsprozesse einbezogen. In der Mongolei fließen die Mittel vor allem in HIV-Prävention und Aufklärung unter Jugendlichen und Wanderarbeitenden – und stärken damit zugleich Teilhabe und Gesundheitsgerechtigkeit.  Um mehr über die Situation in der Mongolei zu erfahren haben wir im Anschluss an die Veranstaltung mit Anuka ein Interview aufgenommen aus dem der Nutzen der Debt2Health Finanzierung für Communities eindrücklich hervorgeht: "uns wurde beigebracht zu schweigen"

Politischer Kontext und Perspektive der Bundesregierung

Dr. Bärbel Kofler, stellte Debt2Health in den größeren politischen Zusammenhang der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Sie betonte, dass das Instrument ein wichtiger Bestandteil des deutschen Engagements für den Globalen Fonds sei und machte gleichzeitig  deutlich, dass Debt2Health keine strukturelle Schuldenerleichterung ersetzt, sondern eine gezielte und positiv evaluierte Ergänzung der Entwicklungsfinanzierung darstellt.

Peter Sands  machte deutlich, dass der Globale Fonds bereit und in der Lage ist, zusätzliche Debt2Health-Vereinbarungen über die aktuell zugesagten 100 Millionen Euro hinaus umzusetzen. Er betonte, dass der Mechanismus ein bewährtes und effizientes Instrument sei, das auf bestehenden Strukturen, Prüfmechanismen und Programmpipelines aufbauen könne. Debt2Health zeige, wie innovative Finanzierungsansätze Wirkung und fiskalische Verantwortung miteinander verbinden können.

In der anschließenden Fragerunde wurde deutlich, dass Debt2Health nicht nur ein technisches Finanzinstrument ist, sondern ein politisches Gestaltungsmittel. Diskutiert wurde, wie Deutschland seine Schuldenumwandlungsfazilität künftig strategischer nutzen kann, etwa indem die jährlich möglichen Umwandlungen von bis zu 150 Millionen Euro nicht nur einmalig, sondern über die gesamte Finanzierungsperiode hinweg eingesetzt werden. Auch die Frage, ob ungenutzte Mittel am Ende eines Jahres direkt an den Globalen Fonds fließen könnten, wurde aufgeworfen.

Im Fazit wurde deutlich

Debt2Health ist kein Ersatz für klassische Entwicklungsfinanzierung, aber ein wirksames Instrument, um zusätzliche Mittel zu mobilisieren, ohne neue Schulden zu schaffen.  Für Deutschland bietet sich nun die Chance, die bestehende Schuldenumwandlungsfazilität strategisch zu nutzen und damit einen wichtigen Beitrag zur Schließung globaler Finanzierungslücken zu leisten.

Galerie

Weiterführende Informationen

Community Voices© Aktionsbündnis gegen AIDS

Video Statement

Community Voices - the fight against HIV, TB and malaria is not over

Interview

Debt2Health als Wendepunkt für Jugendorganisationen in der Mongolei

, 2025