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Bundestagswahl 2025

Empfehlungen für Wahlprogramme

Brandenburger Tor - Foto Wiessner

Für die kommende Bundestagswahl haben wir unter folgenden Überschriften unsere Empfehlungen zusammengefasst. - Gesundheitsförderung und Lehren aus der COVID-19 Pandemie - Entwicklung lokaler Produktionsstätten, Strategien zu Technologie- und Wissenstransfer - Umwelt, Klimawandel und Gesundheit ganzheitlich angehen - Stärkung der Gesundheitssysteme und gegen Diskriminierung gerichtete Maßnahmen - Forschung und Innovation, Forschungsförderung und Forschungsanreize im Bereich globaler Gesundheit - Beschreibung einer globalen Gesundheitsstrategie - Die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure bei der Gestaltung der globalen Gesundheitspolitik - Die Förderung globaler Gesundheit (Gesundheitsfinanzierung)

Gesundheitsförderung und Lehren aus der COVID-19 Pandemie

Die Herausforderungen der durch die Staatengemeinschaft gesetzten gesundheitsbezogenen nachhaltigen Entwicklungsziele bis 2030 sind immens! Wir sehen die Auswirkungen des Klimawandels, zunehmende mikrobielle Resistenzen, nachlassende Fokussierung auf bestehende Pandemien wie HIV, Tuberkulose und Malaria sowie vernachlässigte Tropenerkrankungen. Die COVID-19 Pandemie hat deutlich werden lassen, dass die Welt auf neue Pandemien nicht angemessen vorbereitet war. Dies war vor allem in Bezug auf einen gerechten Zugang zu Information und Forschung, zu Diagnostik, Vakzinen und medizinischer Versorgung der Fall. Im Bezug auf die derzeitige Mpox-Epidemie scheint sich dies nun zu wiederholen.
Um dies zu vermeiden, bitten wir Sie in Ihrem Parteiprogramm zu berücksichtigen, dass die Lehren aus der COVID-19 Krise gezogen werden: Die Entwicklung von Ansätzen, die Recht an geistigem Eigentum nicht nur als Anreiz für Innovation und Gewinnmaximierung wahrnehmen, sondern auch zur Förderung globaler öffentlicher Güter verstehen, müssen gefördert und transparent kommuniziert werden. Nur so kann zukünftig ein gerechter und universeller Zugang zu Diagnostik, Impfstoffen und Behandlungsmöglichkeiten für alle geschaffen werden.

Dass Infektionskrankheiten nicht vor Grenzen haltmachen, ist Allgemeinwissen. Bedauerlicherweise fehlen in der globalen Gesundheitsarchitektur die passsenden Mechanismen, um darauf angemessen und vor allem solidarisch zu reagieren. Die ungerechte Verteilung der COVID-19 Impfstoffe hat verdeutlicht, wie sehr staatliche Egoismen, Standortvorteile und monetäre Interessen der Industrie einer gerechten Verteilung im Weg stehen. Wir würden es begrüßen, wenn Ihre Partei diese Zusammenhänge analysiert und im Parteiprogramm Wege zur Verbesserung der Situation darlegt. 

Entwicklung lokaler Produktionsstätten, Strategien zu Technologie- und Wissenstransfer

Zur Unterstützung lokaler Gesundheitssysteme in Ländern des globalen Südens müssen transparente Wissens- und Technologietransferstrategien entwickelt werden. Wir bitten Sie darum in Ihrem Parteiprogramm die Entwicklung regionaler Produktionsstätten und Innovationszentren zu akzentuieren und zu unterstützen. Gesundheitssysteme müssen weiterhin gestärkt, Laborkapazitäten und sichere Lieferketten unterstützt und aufgebaut werden. Dies auch um für die Bevölkerung in ländlichen Gebieten einen maximalen Nutzen zu erreichen. Wir begrüßen eine Förderung und Unterstützung lokaler Produktionskapazitäten auf Augenhöhe und fordern eine darüber hinaus gehende Strategie, in der Schritte vereinbart werden, welche die Länder befähigen, Medizinprodukte wirklich unabhängig zu produzieren.

Umwelt, Klimawandel und Gesundheit ganzheitlich angehen

Die mit dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen für die globale Gesundheit sind unübersehbar. Die globale Erderwärmung führt bereits jetzt zu Landes- und Kontinent-übergreifenden Verbreitung von Krankheiten und Erregern, wie bspw. die Flutkatastrophe in Pakistan gezeigt hat. Dies gefährdet die in der letzten Dekade erzielten Erfolge bei der Bekämpfung von Malaria und anderer über Mosquitos verbreiteter Infektionskrankheiten, wie die derzeitige Dengue-Epidemie in Argentinien aufzeigt. In Katastrophengebieten belastete medizinische Versorgungsstrukturen und daraus resultierende Engpässe in Prävention und Behandlung führen zur Verbreitung von Resistenzen mit kaum abzuschätzenden Konsequenzen und zunehmender Binnenmigration. Wir bitten Sie in Ihrem Parteiprogramm die Auswirkungen des Klimawandels auf die Globale Gesundheit stärker ins Blickfeld zu nehmen. Dabei müssen bestehende Pandemien berücksichtigt werden. Die Finanzierung muss mit einem starken Mandat der WHO in Einbeziehung der in der Pandemieprävention involvierten Organisationen der globalen Gesundheitsarchitektur, wie beispielsweise dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV, Tuberkulose und Malaria, sowie dem HIV-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) sichergestellt werden.

Stärkung der Gesundheitssysteme und gegen Diskriminierung gerichtete Maßnahmen

In Bezug auf die Förderung globaler Gesundheit bitten wir Sie darum in Ihrem Parteiprogramm die Stärkung communitybasierter Gesundheitssysteme zu akzentuieren. Die durch vulnerable Gruppen/Communities geschaffenen Strukturen, die durch manche Regierungen oft nicht angemessen anerkannt und manchmal gar bekämpft werden, müssen gestützt werden. In Zeiten schrumpfender Räume für zivilgesellschaftliches Engagement, Rechtsruck und Anti-Rights Movement muss dies unbedingt auch antidiskriminierende Maßnahmen beinhalten: in vielen Ländern kommt es nach wie vor zu Kriminalisierung von LGBTIQ+ Communities, Sexarbeiter*innen und Drogengebrauchenden. Wir empfehlen die Hervorhebung von Organisationen der globalen Gesundheitsarchitektur, wie bspw. des Globalen Fonds, die „horizontal“ tätig sind und sich krankheitsübergreifend im Bereich der Stärkung von Gesundheitssystemen engagieren und dabei insbesondere communitybasierte Gesundheitssysteme in den Blick nehmen. Eine fortgesetzte Förderung der entsprechenden Programme ist zur weiteren Stärkung der Gesundheitssysteme wichtig. Die COVID-19 Pandemie hat gezeigt, wie wichtig der Beitrag communitybasierter Gesundheitssysteme bei der Bewältigung der Herausforderungen waren. Dies ist auch in Bezug auf die Erreichbarkeit der Zielgruppen der Fall. Länder des globalen Südens, in denen in die Stärkung der Gesundheitssysteme investiert wurde – auch in Bezug auf Infrastrukturen, Ausbau von Laborkapazitäten, Aufbau von Lieferketten und Procurement-Systemen etc. - hatten bspw. in Bezug auf die durch COVID-19 gegebenen Herausforderungen eine bessere Ausgangslage, was ihnen eine bessere Krisenreaktion ermöglichte. Auch dies ist ein Beispiel der Bedeutung integrativer communitybasierter Gesundheitssysteme.

Forschung und Innovation, Forschungsförderung und Forschungsanreize im Bereich globaler Gesundheit

Forschung und Innovation für globale Gesundheit sollten auch darauf abzielen, die Gesundheitsversorgung weltweit zu verbessern, insbesondere in ressourcenarmen Regionen. Dies umfasst die Förderung von Forschung in Bereichen wie neuen Behandlungen, Impfstoffen und Diagnostika. Um diese Ziele zu erreichen, müssen verschiedene Ansätze verfolgt werden. Es ist unabdingbar, Anreize zu schaffen, um die Forschung und Forschungsförderung von den Bemühungen der Gewinnmaximierung durch die Industrie zu entkoppeln. Nur so kann sichergestellt werden, dass in Bereiche mit hohem Bedarf investiert wird (vernachlässigte Krankheiten), auch wenn die potenziellen Gewinne gering sind. Es ist notwendig, dass die Forschungsförderung an klare Bedingungen geknüpft wird (public return on public investment).

Wir würden es begrüßen, wenn Ihr Parteiprogramm hier eindeutig Stellung bezieht, Regelungen benennt, mehr Transparenz einfordert und erläutert, durch welche Gesetzesvorhaben dies in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt wird.

Die Gestaltung des Marktes für Gesundheitsprodukte muss dazu beitragen, den Zugang zu wichtigen Medikamenten und Behandlungen zu verbessern, indem beispielsweise Transparenz in Bezug auf die Kosten der Medikamentenentwicklung und der Preisfestsetzung eingefordert werden, Preise reguliert oder Subventionen für die Entwicklung von Produkten gewährt werden. Auch hier fordern wir eine entsprechende Reflexion im Parteiprogramm und die Beschreibung konkreter Schritte zur Umsetzung, die nicht nur die Interessen der Industrie schützt.

Ferner bitten wir um die Beschreibung von Maßnahmen zur Verhinderung von Medikamentenengpässen wie die Förderung von lokaler Produktion, Diversifizierung der Lieferketten und Frühwarnsysteme für Engpässe, um eine kontinuierliche Verfügbarkeit lebenswichtiger Medikamente für alle sicherzustellen. Insgesamt sind Forschung und Innovation entscheidend, um die Gesundheit global zu verbessern, und diese Bemühungen sollten durch geeignete Finanzierung, Marktgestaltung, Transparenz und Maßnahmen zur Sicherung der Medikamentenversorgung unterstützt werden.

Beschreibung einer globalen Gesundheitsstrategie

Die derzeitige Strategie der Bundesregierung zu globaler Gesundheit beruht auf starken Prinzipien, deren Bedeutung von einigen Staaten zunehmend torpediert werden: die Achtung menschenrechtlicher Prinzipien, die Inklusion der Zivilgesellschaft, die Benennung vulnerabler Gruppen, das Beharren auf wissenschaftlicher Evidenz etc. In einer Zeit, in der diese Prinzipien zunehmend infrage gestellt werden, bitten wir Sie darum, in Ihrem Parteiprogramm darzustellen, auf welchen Prinzipien eine neu zu erarbeitende globale Gesundheitsstrategie beruhen sollte bzw. was sich darin Ihrer Ansicht nach verändern sollte. Wir würden eine starke Referenz zu der Inklusionsstrategie von LSGBTIQ+ Communities des BMZ und zum Konzept der feministischen Entwicklungspolitik und dem derzeitigen Aktionsplan „Queer leben“ der Bundesregierung zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von LSBTIQ* Communities begrüßen. Neben der Referenz zu den oben genannten Konzepten bitten wir Sie darum, im Parteiprogramm konkrete Schritte zur Umsetzung, Operationalisierung, Evaluierung und Finanzierung der Strategien zu benennen.

Wir fordern geeignete Maßnahmen, um das Ziel die Gesundheitsversorgung für alle (UHC: Universal Health Coverage) erreichen zu können. Dies gilt auch bei uns in Deutschland: UHC stellt auch hierzulande eine große Herausforderung dar. Auch in Deutschland muss es Ziel sein, im gesamten Land einen Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung zu gewährleisten.      

Die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure bei der Gestaltung der globalen Gesundheitspolitik

Im Rahmen der globalen Gesundheitspolitik mussten wir in den vergangenen Jahren beobachten, dass die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in Diskussions- und Entscheidungsprozessen bspw. bei den UNAIDS PCB-Meetings, den UN HLMs, der WHO oder den G7 und G20 Prozessen durch einige Staaten zunehmend infrage gestellt werden. Manche Regierungen würden „ihre“ zivilgesellschaftliche Vertretung bestmöglich selbst zusammenstellen, um kritische Konfrontationen und Stellungnahmen zu vermeiden. Zivilgesellschaftliches Engagement wird durch diese Staaten als Bedrohung erlebt, die bekämpft werden muss. Wir würden es begrüßen, wenn Sie in Ihrem Parteiprogramm auf diese Prozesse eingehen und konkrete Vorgehensweisen zur Gegensteuerung beschreiben.

Die Förderung globaler Gesundheit (Gesundheitsfinanzierung)

Wir bitten Sie darum, konkrete Aussagen zur weiteren Unterstützung eingegangener Verpflichtungen und zur Förderung der globalen Gesundheit zu formulieren. Insbesondere bitten wir darzustellen, in welcher Höhe die Entwicklungszusammenarbeit, als auch der Globale Fonds, die WHO und UNAIDS zukünftig durch Ihre Partei unterstützt wird. Auch bitten wir um konkrete Aussagen dazu, wie die Erreichung des vereinbarten Ziels der Geberländer, demzufolge 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche Entwicklungsleistungen aufzuwenden sei (ODA-Quote), umgesetzt wird. In diesem Kontext möchten wir Sie zudem auf die 0,1%-Empfehlung hinweisen, welche von einer WHO-Kommission entworfen wurde und besagt, dass die ökonomisch reichen Nationen mindestens 0,1 Prozent ihres BNE für gesundheitsbezogene Entwicklungszusammenarbeit aufwenden sollten. Wir würden uns darüber freuen, wenn Sie uns Auskunft geben können, wie diese Zielquote erreicht werden soll.

Aktionsbündnis gegen AIDS

Kontakt: info@aids-kampagne.de

Oktober 2024

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024