Wahlbarometer - Europawahl 2024
Transparenz in der Forschung, Beschaffung, Preisgestaltung und Verteilung von Medikamenten (7)
Frage 7: In Deutschland und der EU kommt es zunehmend zu Engpässen in der medizinischen Versorgung. Mangelnde Transparenz in der Forschung, Beschaffung, Preisgestaltung und Verteilung von Medikamenten sind einer der Gründe für diese Situation. Was werden Sie tun, um die Transparenz in Europa zu stärken?
Frage: In Deutschland und der EU kommt es zunehmend zu Engpässen in der medizinischen Versorgung. Mangelnde Transparenz in der Forschung, Beschaffung, Preisgestaltung und Verteilung von Medikamenten sind einer der Gründe für diese Situation. Was werden Sie tun, um die Transparenz in Europa zu stärken?
Bündnis 90/DIE GRÜNEN:
Es ist viel zu undurchsichtig, wie Preise für Arzneimittel festgesetzt werden. Der Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflichten in diesem Bereich führt teilweise zu immensen Preisanstiegen. Gerade wenn öffentliche Mittel für die Arzneimittelentwicklung eingesetzt werden, muss das in der Regel mit Transparenz über die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie die Preisgestaltung einhergehen. Dafür setzen wir uns ein.
Um Unternehmen zu ermutigen, neue Arzneimittel, Wirkstoffe und Medizinprodukte in Europa zu entwickeln und zu produzieren, braucht es zudem Anreize und weniger bürokratische Verfahren. Dabei setzen wir zwei Prioritäten: Zum einen müssen kritische Arzneimittel, die jederzeit unentbehrlich sind, beispielsweise wichtige Antibiotika, durch krisenfeste Lieferketten zuverlässig verfügbar sein. Hierzu kann die teilweise Rückverlagerung von Produktion nach Europa einen Beitrag leisten. Zum anderen müssen für bislang vernachlässigte Krankheitsbilder und angesichts der Entstehung von Therapie-Resistenzen neue Anreize für die Entwicklung medizinischer Innovationen geschaffen werden.
Das schließt insbesondere neue Finanzierungsmodelle wie angepasste Vergütungsmodelle für Reserveantibiotika ein. Die Anreize für Forschung und Entwicklung sowie der Schutz von geistigem Eigentum dürfen nicht die Bezahlbarkeit von essentiellen Arzneimitteln gefährden und den Markteintritt von Generika unverhältnismäßig verzögern.
CDU/CSU:
Die Mitgliedstaaten der EU sind für die Organisation und Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und medizinischer Versorgung zuständig. In der Gesundheitspolitik ergänzt die Europäische Union die nationale Politik. Nicht erst seit Corona wissen wir, dass viele Gesundheitsgefahren vor nationalen Grenzen keinen Halt machen. Deshalb ist es wichtig, dass die Politik und die Akteure des Gesundheitsschutzes auch grenzüberschreitend zusammenarbeiten.
Die Linke:
Engpässe bei der Arzneimittelversorgung sind nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Problem. Eine Ursache ist die Strategie der Pharmaindustrie, die Produktion von Arzneimitteln und Zusatzstoffen aus wirtschaftlichen Gründen zum Beispiel nach Indien oder China zu verlagern. Wenn die Liefer- und Produktionsketten brechen, entstehen Lücken in der Versorgung. Wir wollen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken. Das macht die Arzneimittelversorgung in der EU sicherer und die EU insgesamt unabhängiger. In der EU-Arzneimittelstrategie muss im Vordergrund stehen, dass die Versorgung sichergestellt ist. Kommt es zu einem Lieferengpass, müssen die pharmazeutischen Unternehmen darlegen, dass der Engpass für sie unabwendbar war. Wir setzen uns bei den Verhandlungen zum EU-Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel dafür ein, dass die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung als wichtige Gemeinwohlaufgabe der Mitgliedsstaaten definiert wird. Dieser Gemeinwohlaufgabe, muss im EU-Recht Vorrang gegenüber dem freien Binnenmarkt eingeräumt werden. Anreize zur Verlagerung von Produktionskapazitäten in die EU oder nach Deutschland müssen durch klare Auflagen für mehr Versorgungssicherheit flankiert werden (Diversifizierung von Herstellungs- und Zulieferungsunternehmen, robuste Lieferketten etc.). Arzneimittel werden oft aus Niedrigpreisländern in Hochpreisländern importiert, was in den Exportländern die Versorgungssicherheit gefährdet. Mitgliedsstaaten der EU müssen befähigt werden, das zu unterbinden.
SPD:
Das Pharmapaket, an dem wir aktiv mitwirken, enthält Maßnahmen gegen Arzneimittelknappheit. Wir setzten uns zum Beispiel für strengere Transparenz- und Meldepflichten für Hersteller und Großhändler ein. Weiterhin setzten wir uns dafür ein, die Kommunikation mit Patientinnen und Patienten, sowie medizinischem Fachpersonal zu intensivieren und neben Informationen zu Engpässen auch Informationen über alternative Arzneimittel anzubieten.
FDP:
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass die Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen jederzeit gewährleistet ist. Engpässe in der Versorgung müssen vermieden und bekämpft werden. Wir treten daher für eine verstärkte Produktion von Arzneimitteln in der EU ein. Darüber hinaus wollen wir Lieferketten diversifizieren und Abhängigkeiten von Drittstaaten bei der Versorgung mit Wirk-, Hilfs- und Rohstoffen verringern. Wir halten es für sinnvoll, die Bedeutung des europäischen Binnenmarktes für verstärkte gemeinsame Beschaffung im medizinischen Bereich zu nutzen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mit dem im vergangenen Sommer beschlossenen ArzneimittelLieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz der Koalition wurden bereits wichtige Maßnahmen umgesetzt, z.B. die zusätzliche Berücksichtigung der Wirkstoffproduktion in Deutschland und der EU bei Ausschreibungen von Kassenverträgen oder die Einrichtung eines Frühwarnsystems bei Arzneimittellieferengpässen.