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Noch 3 Tage bis zur Bundestagswahl

Wahlprüfsteine: Aussagen der Parteien zur Definition eines internationalen Gesundheitsnotstandes und COVID-19 Schutzmaßnahmen

Am 26. September findet die Bundestagswahl statt. Für die zukünftige Ausrichtung der neuen Bundesregierung ist die Zusammensetzung im Bundestag und wer den/die künftige*n Bundeskanzler*in stellen wird, von entscheidender Bedeutung – dies definiert auch, welcher Stellenwert dem Thema HIV und der globalen Gesundheit zukommt. Wir werden an dieser Stelle in den kommenden Wochen bis zur Bundestagswahl die Antworten der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien zu unseren Fragen vorstellen. Wir freuen uns, wenn unsere Zusammenstellung der Wahlprüfsteinen ihre Verbreitung finden und zur politischen Willensbildung beitragen.

Unsere letzte (achte) Frage zum Stellenwert zur Definition eines internationalen Gesundheitsnotstandes und COVID-19 Schutzmaßnahmen lautete:

„Wie definiert ihre Partei den Begriff internationaler Gesundheitsnotstand? Gehört für sie die COVID-19-Pandemie dazu? Was plant Ihre Partei um künftig besser vorbereitet zu sein, so dass es zu keinen weiteren Lieferengpässen kommt?

Rückmeldung Bündnis 90/Die Grünen

„Ein internationaler Gesundheitsnotstand ist aus unserer Sicht, wenn sich eine Krankheit über Landesgrenzen hinweg auszubreiten droht und so zum Gesundheitsrisiko für andere Länder wird, die Situation als „ernst, ungewöhnlich oder unerwartet“ eingestuft wird und ein sofortiges international koordiniertes Handeln erfordert. Die WHO hat diesen Notstand für die Covid-19-Pandemie ausgerufen. Eine der wichtigen Lehren aus der Pandemie ist die bessere Vorsorge - auch bei der Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln und Medizinprodukten. Die Produktion von Arzneimittelwirkstoffen und Medizinprodukten soll - in europäischer Kooperation - vorangetrieben werden. Auf europäischer Ebene braucht es mehr gemeinsame Strategie und Koordinierung. Daher setzen wir GRÜNE uns für den zügigen Aufbau von HERA ein, einer europäischen Behörde, die künftig staatliche und privatwirtschaftliche Aktivitäten besser koordinieren soll“

Rückmeldung CDU/CSU

Um die Bekämpfung einer Pandemie über Staatsgrenzen hinweg unterstützen und koordinieren zu können, ruft die Weltgesundheitsorganisation einen internationalen Gesundheitsnotstand aus. Auf nationaler Ebene tritt dieser Fall ein, wenn Krankenhäuser die Zahl der intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten nicht mehr bewältigen können oder die Verfügbarkeit von Medikamenten kritisch wird. Um zukünftig besser vorbereitet zu sein, werden CDU und CSU sich dafür einsetzen, das Robert-Koch-Institut (RKI) zu stärken und zum deutschen Public-Health-Institut auszubauen. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit muss es in Zukunft noch viel stärker bei der Bekämpfung von epidemischen Gesundheitsgefahren tätig sein und sich noch stärker mit den Gesundheitsbehörden der Länder und Kommunen, aber auch international vernetzen. Dafür braucht es die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen. Für besonders versorgungskritische Wirkstoffe werden wir Maßnahmen wie eine staatliche Lagerhaltung oder Notfallkapazitäten schaffen, um eine Produktion auf Abruf zu ermöglichen“

Rückmeldung DIE LINKE

„Der Schlüssel für die globale Versorgung bleibt die Möglichkeit für die Staaten, sich eigenständig mit Impfstoffen zu versorgen. Große Spenden- und Verteilaktionen von Impfstoffen oder Geld helfen, aber sie verändern nichts an der Ohnmacht, in der die Länder des globalen Südens gehalten werden. Die Corona-Pandemie ist für DIE LINKE selbstverständlich ein globaler Gesundheitsnotstand – über 4 bestätigte Millionen Tote sprechen eine klare Sprache. Wie oben ausgeführt, führt der Weg in eine bessere Vorbereitung auf die nächste Pandemie über die systematische Stärkung der Basisgesundheitssysteme, die Förderung von solidarisch finanzierten Gesundheitssystemen, die Freigabe von Patenten und technologischem Knowhow und in einer deutlichen Stärkung der Weltgesundheitsorganisation. Die WTO muss sich in die Lage versetzen, Konzerne, die mit ihrer Unternehmenspolitik und -logik massiven Schaden der Weltgesundheit in Kauf nehmen, notfalls dazu zu zwingen, Rechte und das Wissen um neue Technologien zu teilen“

Rückmeldung FDP

Die Partei verweist auf ihre Antwort auf die sechste Frage. Darin heißt es:

„Die Covid-19-Pandemie hat die Schwächen unserer internationalen Instrumente und Regelwerke zur Vorbeugung, Überwachung und Bekämpfung von Gesundheitsgefahren zum Vorschein gebracht. Wir unterstützen einen internationalen Pandemievertrag, der Lücken in der Pandemievorsorge sowie -reaktion füllt und einen intersektoralen Ansatz im Sinne von „One Health“ verfolgt. Zudem setzen wir uns für eine Weiterentwicklung und Verbesserung von Frühwarnsystemen ein. Um besser auf zukünftige Gesundheitsbedrohungen vorbereitet zu sein und dringend benötigte Arzneimittelinnovationen gegen neue Erreger mit Pandemiepotential zu entwickeln, ist es wichtig, internationale Forschungsinitiativen auszubauen.“

Rückmeldung SPD

„Wir definieren selbstverständlich einen internationalen Gesundheitsnotstand gemäß den Statuten der WHO - Artikel 12 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) - für ein Public health emergency of international concern (PHEIC), wie im Zuge der Covid-19-Pandemie geschehen“

Unsere Rückmeldung zu den gegebenen Antworten

Es ist erfreulich, dass sich alle Parteien an der, durch die WHO vorgegebene Definition orientieren. Nur eine Partei bezieht die Definition auch auf Gesundheitsnotstände auch auf die nationale Ebene bspw. dann, wenn die Anzahl intensivpflichtiger Patient*innen nicht mehr bewältigt werden kann.  Nur eine Partei kommt in dem Kontext der Frage auf die Freigabe von Patenten zu sprechen, die nach den TRIPS Vereinbarungen durch Gesundheitsnotstände möglich werden (sollten) bzw. legitim sind. Die Vorstellungen zu Strategien und zur Einleitung von Schutzmaßnahmen, sortieren sich im Einzelnen nach den in der Befragung deutlich gewordenen Agenden Parteien: von der Akzentuierung des Stellenwerts der globalen Kooperation und Koordinierung bspw. auch in Europa durch HERA, richtet sich für andere Parteien der Blick nach innen, bspw. durch die Stärkung des Robert Koch Instituts, das zu einem Public Health Institut ausgebaut werden müsse.  Andere Parteien bringen erneut ihre industriefreundliche Agenda der benötigten Arzneimittelinnovation ins Spiel, andere akzentuieren die Abhängigkeit und Ohnmacht, in welche Länder des Globalen Südens gehalten werden, die Freigabe von Patenten und den Stellenwert eigenständiger Impfproduktion und solidarisch finanzierter Gesundheitssysteme. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage gestellt, ob die Welthandelsorganisation nicht in die Lage versetzt werden sollte Unternehmen notfalls dazu zu zwingen Rechte und Technologien zu teilen.

Mit diesen Ausführungen beenden wir unserem Wahlbarometer. Wir bedanken uns bei den Mitarbeiter*innen der Parteien, die unsere Frage beantwortet haben.

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024