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Noch 11 Tage bis zur Bundestagswahl

Wahlprüfsteine: Aussagen der Parteien zu Deutschlands zum COVID-19 Technology Access Pool (C-TAP)

Am 26. September findet die Bundestagswahl statt. Für die zukünftige Ausrichtung der neuen Bundesregierung ist die Zusammensetzung im Bundestag und wer den/die künftige*n Bundeskanzler*in stellen wird, von entscheidender Bedeutung – dies definiert auch, welcher Stellenwert dem Thema HIV und der globalen Gesundheit zukommt. Wir werden an dieser Stelle in den kommenden Wochen bis zur Bundestagswahl die Antworten der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien zu unseren Fragen vorstellen. Wir freuen uns, wenn unsere Zusammenstellung der Wahlprüfsteinen ihre Verbreitung finden und zur politischen Willensbildung beitragen.

Unsere sechste Frage zum Stellenwert COVID-19 Technology Access Pool (C-TAP) lautete:

„COVID-19 hat zu einem globalen Gesundheitsnotstand geführt. Die WHO hat als Reaktion den C-TAP ins Leben gerufen. Die Pharma-Industrie hat diese Initiative bislang vollends ignoriert. Welche Maßnahmen wird Ihre Partei ergreifen, um C-TAP noch zum Erfolg zu führen?“

Rückmeldung Bündnis 90/Die Grünen

„Neue Instrumente wie COVAX, der ACT-Accelerator und der Covid-19-Technology-Access-Pool (C-TAP) der WHO brauchen eine deutliche Aufwertung. C-TAP ist deswegen ein interessanter und begrüßenswerter Ansatz, weil er auf die freiwillige Kooperation von Unternehmen setzt. Im Gegensatz zur amtierenden Bundesregierung wollen wir GRÜNE C-TAP unterstützen und auf diese Weise zu einem Erfolg beitragen. Bei zukünftigen Vertragsgestaltungen mit COVID-19-Impfstoffherstellern und Medikamentenherstellern sollten stärkere Transparenz und Möglichkeiten zum Technologietransfer vereinbart werden“

Rückmeldung CDU/CSU

Die Parteien verweisen auf ihre Antwort auf die zweite Frage. Dort heißt es:

„Wir werden das Tempo für die Entwicklung neuer, innovativer Medikamente erhöhen, indem wir einheitliche Vorgaben schaffen – etwa beim Datenschutz, bei länderübergreifenden Studien oder der Einführung von Musterverträgen für klinische Prüfungen. Der Aufbau einer Impfstoffproduktion erfordert allerdings hohe Investitionen in Material und Fachkräfte. Ohne Aussicht auf Patentschutz wären private Unternehmen nicht bereit, dieses Risiko zu tragen. Deshalb treten CDU und CSU dafür ein, dass in Deutschland auch weiterhin der Patentschutz gilt. Hierin sehen wir einen Anreiz, die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen voranzubringen und Produktionskapazitäten sicherzustellen. Das zeigen auch zahlreiche Kooperationen und Lizenzvereinbarungen der Hersteller weltweit und die hohe Steigerung der Produktionsmengen im Lichte der Corona-Pandemie. Damit auch ärmere Staaten ihre Bevölkerung mit Impfstoff versorgen können, unterstützt Deutschland bislang die multilaterale Forschungs- und Finanzierungsplattform (ACT-A) mit 2,2 Milliarden Euro. Die Impfstoffplattform COVAX erhält mit rund einer Milliarde Euro einen großen Teil des Beitrages. Damit ist Deutschland nach den USA zweitgrößter Geber und trägt maßgeblich zum Erfolg der Initiative bei“

Rückmeldung DIE LINKE

„C-TAP und andere Patentpools sind eine starke Antwort auf globale Gesundheitskrisen. Sie tun das einzig richtige: Das globale Wissen über eine Erkrankung zusammenführen und für alle nutzbar zu machen. Es geht aber nicht nur um Patente und andere Eigentumsrechte, sondern auch um Wissens- und Technologietransfer. Hier bestehen im internationalen Recht noch erhebliche Lücken. Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht vorbei, nicht in Europa und erst recht nicht weltweit. DIE LINKE wird alle Möglichkeiten nutzen, um auf die weiter bestehende Dringlichkeit eines globalen Zugangs zu Arzneimitteln inkl. Impfstoffen und Knowhow zu pochen. Hier agieren Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen sehr doppelzüngig: Während einerseits der globale Zugang zu Impfstoffen als „öffentliches Gut“ angesehen wird, haben sie die Freigabe von Patenten immer rundweg abgelehnt (Siehe Ausführungen zum TRIPS-Waiver in Frage 6)“

Rückmeldung FDP

„Die Covid-19-Pandemie hat die Schwächen unserer internationalen Instrumente und Regelwerke zur Vorbeugung, Überwachung und Bekämpfung von Gesundheitsgefahren zum Vorschein gebracht. Wir unterstützen einen internationalen Pandemievertrag, der Lücken in der Pandemievorsorge sowie -reaktion füllt und einen intersektoralen Ansatz im Sinne von „One Health“ verfolgt. Zudem setzen wir uns für eine Weiterentwicklung und Verbesserung von Frühwarnsystemen ein. Um besser auf zukünftige Gesundheitsbedrohungen vorbereitet zu sein und dringend benötigte Arzneimittelinnovationen gegen neue Erreger mit Pandemiepotential zu entwickeln, ist es wichtig, internationale Forschungsinitiativen auszubauen“

Rückmeldung SPD

 „Im Mai 2020 haben die WHO und weitere Partner den COVID-19 Technology Access Pool (C-TAP) geschaffen, um den Zugang zu COVID-19-Gesundheitsprodukten durch eine gezielte Ausweitung des Angebots zu ermöglichen. Durch die Bereitschaft geistiges Eigentum freiwillig zu teilen und Dritten zur Verfügung zu stellen, sollen Produktionskapazitäten gezielt ausgebaut werden können.

Wir beobachten die Entwicklung bei den Herstellern sehr aufmerksam und haben mehrfach unseren Appell an sie gerichtet. Die Pandemie ist nicht vorbei, sondern stellt uns anhaltend vor enorme Herausforderungen, insbesondere im internationalen Kontext. Das Thema des C-TAP gehört daher aus sozialdemokratischer Sicht zwingend auf die Tagesordnung einer neuen Bundesregierung unter SPD-Führung“

Unsere Rückmeldung zu den gegebenen Antworten

Auffallend ist, dass keine der Parteien auf die Frage des „globalen Gesundheitsnotstandes“ wirklich eingeht. Wir hatten den Begriff bewusst gewählt, da die Deklaration eines entsprechenden Notstandes die legale Aushebelung bzw. Begrenzung des Patentrechts ermöglicht. Ähnlich vermieden wird eine Antwort auf die Frage, wie das Ignorieren von C-TAP durch die Industrie durch konkrete – bspw. (Zwangs-) Maßnahmen geändert werden könnte. Nur eine Partei erwähnt, dass sie sich in dieser Frage mehrfach durch Appelle an die Industrie gewandt habe. Eine Partei bewertet in diesem Zusammenhang, dass C-TAP ein begrüßenswerter Ansatz sei, da diese Initiative auf freiwillige Kooperation setze (was für uns eher das Problem beschreibt als eine Lösung beinhaltet). Eine Partei singt das „Hohelied“ des Patentschutzes, welcher Forschung, Entwicklung und Innovation fördere: allerdings ohne dabei die eigentliche Frage nach C-TAP auch nur zu erwähnen. Aussagen werden, dies betreffend, zu bisher bereitgestellten Hilfen für ACT-A und COVAX getroffen, die bekanntlich durch Steuermittel der Allgemeinheit beglichen werden, nicht aber an die Verantwortung der Industrie erinnern. Eine Partei benennt in ihrer Antwort „die Lücken“ auf Pandemievorsorge- und Reaktion und kommt auf „intersektoriale Ansätze“ im Sinne von „One-Health“ zu sprechen, auch hier ohne auf C-TAP zu sprechen zu kommen. Eine Ausführung zu den Tulpenfeldern in Holland wäre, angesichts der ausweichenden Antworten, möglicherweise ebenfalls passend gewesen. In Bezug auf die Frage nach konkreteren Maßnahmen mit denen C-TAP zum Erfolg geführt werden können werden durch die Parteien genannt: mehr Transparenz und die Möglichkeit des Technologietransfer bei zukünftigen Verträgen mit Herstellern; einheitliche Vorgaben bei Datenschutz auch in Bezug auf klinische Studien; Sicherstellung des Patentschutzes; Musterverträge für klinische Studien; Schließung der Lücken im Technologie- und Wissenstransfer; die Förderung internationaler Forschungsinitiativen, sowie die Beobachtung der weiteren Entwicklung.          

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024