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Noch 13 Tage bis zur Bundestagswahl

Wahlprüfsteine: Aussagen der Parteien zu Deutschlands zum Stellenwert von HIV/Aids in der globalen Gesundheitspolitik und zur Förderungen von multilateralen Organisationen

Am 26. September findet die Bundestagswahl statt. Für die zukünftige Ausrichtung der neuen Bundesregierung ist die Zusammensetzung im Bundestag und wer den/die künftige*n Bundeskanzler*in stellen wird, von entscheidender Bedeutung – dies definiert auch, welcher Stellenwert dem Thema HIV und der globalen Gesundheit zukommt. Wir werden an dieser Stelle in den kommenden Wochen bis zur Bundestagswahl die Antworten der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien zu unseren Fragen vorstellen. Wir freuen uns, wenn unsere Zusammenstellung der Wahlprüfsteinen ihre Verbreitung finden und zur politischen Willensbildung beitragen.

Unsere fünfte Frage zum Stellenwert von HIV in der globalen Gesundheitspolitik und zur Förderung multilateraler Organisationen lautete:

„Welchen Stellenwert haben für ihre Partei HIV/Aids in der globalen Gesundheitspolitik und die Förderungen von multilateralen Organisationen, wie WHO, UNAIDS u. dem GFATM? Wie kann zukünftig sichergestellt werden, dass die WHO ihr Mandat besser unabhängig erfüllen kann?“

Rückmeldung Bündnis 90/Die Grünen

„Die Vereinten Nationen haben sich 2015 mit der Verabschiedung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zum Ziel gesetzt, bis 2030 die AIDS-Epidemie zu beenden. Wir GRÜNE unterstützen dies ausdrücklich. Es ist großes Engagement nötig, um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen. Die COVID-19-Pandemie legt schonungslos offen, welche Fehler in der Vergangenheit in der globalen Gesundheit gemacht wurden und wie verwundbar und gleichzeitig vernetzt die globale Gemeinschaft ist. Die Pandemie zeigt, dass die internationale Zusammenarbeit unabdingbar ist und die Bekämpfung nur global stattfinden kann. Die nationalen Alleingänge mit Grenzschließungen und Exportverboten von Schutzartikeln haben der globalen Eindämmung geschadet. Für eine koordinierte Zusammenarbeit braucht es starke Vereinte Nationen, allen voran eine schlagkräftige WHO. Wir wollen die Ausstattung der WHO unterstützen und besonders die zweckungebundenen Beiträge Deutschlands um 200 Millionen Euro erhöhen. Obwohl internationale Partnerschaften, wie der Globale Fonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM), sehr gute Erfolge vorweisen können, vernachlässigen solche vertikalen Fonds die nachhaltige Stärkung von Gesundheitssystemen insgesamt. Das sehen wir kritisch“

Rückmeldung CDU/CSU

„Die Pandemie zeigt, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit bei Fragen der Gesundheit und der Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) leistet einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Bekämpfung der Pandemie. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die WHO ihr zentrales Mandat in der globalen Gesundheit aufgrund mangelnder Ressourcen aktuell nur unzureichend erfüllen kann. Deutschland ist im Verlauf der Corona-Krise zum größten staatlichen Geldgeber der WHO avanciert und tritt vernehmbar für eine schlagkräftige WHO ein, zu der auch alle Mitgliedstaaten ihren Beitrag leisten. Verschiedene Reformprozesse sind bereits angestoßen. Deutschland wird die Initiative zu einem internationalen Pandemievertrag zur Stärkung der globalen Gesundheitssicherheit weiter aktiv unterstützen. CDU und CSU werden die wissenschaftliche Erforschung jener Krankheiten gezielt unterstützen, die gegenwärtig als unheilbar gelten (beispielsweise Demenz-Erkrankungen oder HIV/AIDS)“

Rückmeldung DIE LINKE

„Die WHO ist für uns die zentrale Koordinierungs- und Gestaltungsinstanz in der globalen Gesundheitspolitik. Sie wurde über unterschiedliche Wege systematisch geschwächt; hat aber auch selbst Fehler gemacht. DIE LINKE fordert, die WHO wieder als eigenständige Institution zu stärken, etwa indem die Pflichtbeiträge erhöht und die nicht zweckgebundenen Gelder erheblich gegenüber den zweckgebundenen Mitteln zu erhöhen. Der Einfluss privater Geldgeber, insbesondere auf die Ausrichtung der WHO als demokratisch verfasstem Gremium, muss minimiert werden. Die WHO sollte in ihrem Prozess für mehr Transparenz und Unabhängigkeit auch gegenüber der Industrie unterstützt und kritisch begleitet werden. Insgesamt setzt DIE LINKE auf Multilateralismus und demokratische Entscheidungsstrukturen in der globalen Gesundheitspolitik. Internationale Solidarität bedeutet auch, die Mehrheit der benachteiligten Staaten in der Weltgemeinschaft anzuerkennen und ihnen die angemessene Gestaltungskraft zuzugestehen“

Rückmeldung FDP

„Wir Freie Demokraten treten für eine stärkere multilaterale Zusammenarbeit und Koordination in der globalen Gesundheitspolitik ein. Denn das ist wegen drängender Gesundheitsprobleme wie Infektionskrankheiten wie HIV/AIDS, Antibiotikaresistenzen sowie Todesfällen und Erkrankungen aufgrund von globaler Erwärmung, Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzungen unerlässlich. In unserer vernetzten Welt kann Gesundheit und Wohlergehen nicht mehr allein auf nationaler Ebene gesichert werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nimmt hierfür eine zentrale Rolle ein. Sie stellt eine unverzichtbare fachliche Kompetenz für die internationale Gemeinschaft zur Verfügung und muss in ihrer Ausstattung und ihrem Mandat als koordinierende Organisation der globalen Gesundheit gestärkt werden. Vor dem Hintergrund der aktuell zu bewältigenden Pandemie und zukünftiger gesundheitlicher Herausforderungen kommt der Rolle der EU und Deutschlands in der globalen Gesundheitspolitik große Bedeutung zu. Die EU-Strategie zur globalen Gesundheit muss aktualisiert und mit der außenpolitischen Strategie verknüpft werden. Um Schwächen der Koordinierung und Kohärenz in der globalen Gesundheitspolitik Deutschlands zu reduzieren und entschlossen die Globale Gesundheitsagenda national und international zu bespielen, setzen wir uns für eine ressortübergreifende Koordinierungsstelle ein. Außerdem wollen wir einen Aktionsplan „Globale Gesundheit“, um Ziele und Prioritäten umzusetzen. Nur so kann Deutschland mehr Verantwortung in der globalen Gesundheitspolitik übernehmen. Der Schwerpunkt des deutschen Engagements muss auf der Stärkung von Gesundheitssystemen liegen, sodass Menschen überall auf der Welt, unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, gleichberechtigten Zugang zu bedarfsgerechten Gesundheitsdienstleistungen haben. Hierfür halten wir es für erforderlich, dass alle Akteure – also staatliche, zivilgesellschaftliche, akademische und privatwirtschaftliche – konstruktiv zusammenarbeiten und nachhaltige Lösungen entwickeln. Wir wollen einen Wandel in der globalen Gesundheitspolitik hin zu mehr Gesundheitsförderung. Hierfür wollen wir digitale Systeme nutzen, um die Transformation von einer reaktiven Therapie zu einer proaktiven Prävention von Krankheiten zu unterstützen. Digitale Technologien können die weltweite Gesundheitsversorgung verbessern, das Tempo zur Erreichung von „Universal Health Coverage“ beschleunigen und die Zukunft von „Primary Health Care“ gestalten“

Rückmeldung SPD

 „Nur eine starke internationale Solidarität und multilaterale Zusammenarbeit ermöglichen den Menschen weltweit Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung und schützt letztlich uns alle auch hier in Deutschland. Es bedarf hierzu einer verstärkten global koordinierten Gesundheitsstrategie im Rahmen internationaler Organisationsstrukturen. Allen voran die Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als einzige international legitimierte und normgebende Autorität in der Gesundheitspolitik muss daher institutionell gestärkt und ausreichend finanziert werden. Mittelfristig muss ein gut finanziertes, globales Rahmenwerk für öffentliche Gesundheit etabliert werden, welches alle Bereiche umfasst – von der Forschung, über Frühwarnsysteme und Best-Practice-Datenbanken, bis hin zu Politikempfehlungen, Implementierung und Evaluierung – und allen WHO-Mitgliedsländern offensteht. Wir fordern zudem einen Platz der WHO bei den G20 und setzen uns für die finanzielle und substanzielle Förderung der globalen Corona-Impfkampagne der WHO ein“

Unsere Rückmeldung zu den gegebenen Antworten

Wir begrüßen die teilweise sehr detaillierte und umfangreiche Beantwortung unserer Frage.  Alle Parteien heben den Stellenwert der multilateralen Zusammenarbeit hervor, dies besonders unter Pandemiebedingungen. Die gegenwärtige Situation der COVID-19 Pandemie ist in allen Rückmeldungen gegenwärtig. Besonders auffallend ist, wie sehr die koordinierende, normgebende und demokratisch legitimierte Rolle der WHO durch alle Parteien als maßgeblich und wichtig hervorgehoben wird. In Bezug auf die weitere Finanzierung der WHO benennt eine Partei die Summe von 200 Millionen für „zweckgebundene“ Aufgaben. Eine weitere Partei sieht zweckgebundene Ausgaben als problematisch an und fordert die Erhöhung für nicht zweckgebundene Ausgaben. Eine Partei benennt als Problembereich der WHO den möglichen Einfluss der Industrie bzw. durch private Geldgeber. Darüberhinausgehend geben die Rückmeldung einige hilfreiche Anregungen von der Teilhabe der WHO „am Tisch“ der G20 bis zur Erstellung von Frühwarnsystemen und eines Aktionsplans. Erstaunlicherweise erwähnt keine der Parteien den durch die Bundesregierung propagierten globalen Aktionsplan. Eine Partei kommt in ihrer Rückmeldung nicht auf das Thema HIV zu sprechen. Eine weitere Partei erkennt zwar die Wichtigkeit der globalen AIDS Bekämpfung an, meint in dem Zusammenhang allerdings erwähnen zu müssen, dass durch „vertikale“ Fonds, die Stärkung der Gesundheitssysteme vernachlässigt werde. Außeracht gelassen wird hier bedauerlicherweise, dass der globale Fonds mehr als jede andere Institution zur Finanzierung von Programmen für die Stärkung der Gesundheits- und Community Systeme beiträgt. Ideologiegeprägte Vorstellungen von „vertikal“ und „horizontal“ helfen hier nicht weiter.

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024