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Noch 27 Tage bis zur Bundestagswahl

Wahlprüfsteine: Aussagen der Parteien zu Transparenz in öffentlicher Forschung und Festsetzung von Medikamentenpreisen

transparenz

Am 26. September findet die Bundestagswahl statt. Für die zukünftige Ausrichtung der neuen Bundesregierung ist die Zusammensetzung im Bundestag und wer den/die künftige*n Bundeskanzler*in stellen wird, von entscheidender Bedeutung – dies definiert auch, welcher Stellenwert dem Thema HIV und der globalen Gesundheit zukommt. Wir werden an dieser Stelle in den kommenden Wochen bis zur Bundestagswahl die Antworten der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien zu unseren Fragen vorstellen. Wir freuen uns, wenn unsere Zusammenstellung der Wahlprüfsteinen ihre Verbreitung finden und zur politischen Willensbildung beitragen.

Unsere zweite Frage zu Transparenz in öffentlicher Forschung und zur Festsetzung von Medikamentenpreisen lautete:

Transparenz in öffentlicher Forschung und Medikamentenpreise: Was wird Ihre Partei unternehmen, um Transparenz in der Preisfestsetzung bei Diagnostika, Medikamenten & Impfstoffen herzustellen und um Forschungsförderung an konkrete Verpflichtungen zu weltweit gerechtem Zugang zu knüpfen? 

Rückmeldung Bündnis 90/Die Grünen: 

„Die weitere Förderung der Forschungsinitiative CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) wollen wir GRÜNE an eine starke Verpflichtung der öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteure zur Freigabe des damit gewonnenen geistigen Eigentums zur öffentlichen Nutzung binden. Bei zukünftigen Vertragsgestaltungen mit COVID-19-Impfstoffherstellern und Medikamentenherstellern sollen konkrete Bedingungen für vollständige Transparenz, Technologietransfer über C-TAP und Preise zu Selbstkosten aufgenommen werden. Bei Arzneimitteln, die mit einem erheblichen Anteil öffentlicher Gelder erforscht und entwickelt wurden, wollen wir bei den Impfstoffherstellern auf Lizenzvergabe und Beteiligung an Patentpools hinzuwirken. Wir wollen den Technologietransfer im Rahmen von Produktionspartnerschaften in Länder des Globalen Südens durch eine Kofinanzierung aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit unterstützen, öffentliche Forschungs- und Entwicklungsförderung zukünftig ausbauen und mit klaren Bedingungen für sozial gerechten Zugang zu verbinden“

Rückmeldung  CDU/CSU

„Zu 2, 6, 7: Wir werden das Tempo für die Entwicklung neuer, innovativer Medikamente erhöhen, indem wir einheitliche Vorgaben schaffen – etwa beim Datenschutz, bei länderübergreifenden Studien oder der Einführung von Musterverträgen für klinische Prüfungen. Der Aufbau einer Impfstoffproduktion erfordert allerdings hohe Investitionen in Material und Fachkräfte. Ohne Aussicht auf Patentschutz wären private Unternehmen nicht bereit, dieses Risiko zu tragen. Deshalb treten CDU und CSU dafür ein, dass in Deutschland auch weiterhin der Patentschutz gilt. Hierin sehen wir einen Anreiz, die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen voranzubringen und Produktionskapazitäten sicherzustellen. Das zeigen auch zahlreiche Kooperationen und Lizenzvereinbarungen der Hersteller weltweit und die hohe Steigerung der Produktionsmengen im Lichte der Corona-Pandemie. Damit auch ärmere Staaten ihre Bevölkerung mit Impfstoff versorgen können, unterstützt Deutschland bislang die multilaterale Forschungs- und Finanzierungsplattform (ACT-A) mit 2,2 Milliarden Euro. Die Impfstoffplattform COVAX erhält mit rund einer Milliarde Euro einen großen Teil des Beitrages. Damit ist Deutschland nach den USA zweitgrößter Geber und trägt maßgeblich zum Erfolg der Initiative bei“

Rückmeldung DIE LINKE

„DIE LINKE fordert seit langem, dass alle Studien zur Gesundheitstechnologie veröffentlicht werden müssen (Methodik und Ergebnisse). Das betrifft auch abgebrochene Studien. Der Versuch, durch Reglementierung der Industrie faire Preise oder globalen Zugang zu ermöglichen, ist unserer Ansicht nach gescheitert. Wir sehen durchaus die Fortschritte bei der Bekämpfung armutsassoziierter Erkrankungen, aber das reicht nicht für einen global gerechten Zugang und auch die reichen Staaten werden von den Phantasiepreisen der Konzerne an ihre Belastungsgrenze gebracht. Wir sehen daher die Gesundheitsforschung als öffentliche Aufgabe an und fordern große nationale und internationale Forschungsfonds, mit denen bedarfsorientiert neue Therapie beforscht werden, bei denen die Eigentumsrechte/Patente in öffentlicher Hand bleiben und die eine hohe Qualität und gute Transparenz der Forschung gewährleisten“

Rückmeldung FDP 

„Wir Freie Demokraten wollen Forschung und Entwicklung steuerlich stärker fördern. Deutschland kann nur dann dauerhaft Wohlstand und soziale Sicherheit gewährleisten, wenn die Unternehmen innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln“

Rückmeldung SPD

„Wir sehen einen Schwerpunkt in der Unterstützung von Produktentwicklungspartnerschaften („Product Development Partnerships“, PDPs). Derartige Formen der Zusammenarbeit helfen bei der Entwicklung neuer Impfstoffe, Arzneimittel und Diagnostika für Krankheiten, für die nur ein sehr kleiner Markt besteht. Akademische Institute, öffentliche Forschungseinrichtungen, Nichtregierungsorganisationen, philanthropische Stiftungen und forschende Pharmaunternehmen arbeiten dabei zusammen. Die Kosten und Risiken werden so auf viele verteilt. So können Produkte neu entwickelt und zu Preisen angeboten werden, die insbesondere für die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern erschwinglich sind.

Ein weltweit gerechter Zugang zu neuartigen Forschungsergebnissen in Diagnostik sowie bei Medikamenten und Impfstoffe lässt sich am besten dadurch herstellen, dass die Forschung von Beginn an international aufgestellt ist. Initiativen wie CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations), die DNDi (Drugs for Neglected Diseases Initiative), oder GARDP (Global Antibiotic Research & Developement Partnership) sind an der Stelle wegweisend für künftige Forschungskooperationen zur Erreichung des SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen für alle Menschen“.

Unsere Rückmeldung dazu

Lediglich zwei der fünf befragten Parteien verwenden in ihrer Antwort den Begriff „Transparenz“. Eine Partei gibt als Ziel an Forschung und Entwicklung steuerlich stärker zu fördern, allerdings ohne dabei auf die durch uns adressierten Problemlagen zu sprechen zu kommen. Zwei der angesprochenen Parteien scheinen die Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen mangelnder Transparenz bei Forschungsförderung und Preisfestsetzung geben könnte, prinzipiell abzulehnen. Als „Erfolg“ wird hier das deutsche Engagement im Rahmen der Finanzierungsplattform ACT-A und der Impfstoffplattform COVAX dargestellt. Die Forschungsinitiative CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) wird von zwei Parteien benannt, eine Partei benennt die Rolle des DNDi (Drug for Neglected Disease initiative) und des GARD (Global Antibiotic Research & Development Partnership). Insgesamt fällt auf, dass auf die konkret gestellte Frage, neben der Leugnung der Existenz eines Problems und der Darstellung bisheriger Erfolghe (durch zwei Parteien), sowie dem Verweis auf existierende Initiativen, eher ausweichend geantwortet wurde.  

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024