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Interview

Tilman Rüppel ist neues Mitglied des Sprecher_innenkreises des Aktionsbündnis gegen AIDS

Foto Tilman Rüppel

Tilman Rüppel hat seit der Vollversammlung in 2019 den Vorsitz der katholischen Säule inne. Mit diesem Interview wollen wir ihn als neues Mitglied des Sprecher_innenkreises vorstellen.

Lieber Tilman, möchtest du uns ein wenig von dir und deinen bisherigen Erfahrungen erzählen?  

Ich habe sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium Politikwissenschaften an der Universität zu Köln studiert und im Rahmen dessen ein Auslandssemester an der Universität Kopenhagen absolviert. Ich habe mich für diesen Berufsweg entschieden, weil ich der Auffassung bin, dass Politik, indem sie die gesetzlichen Regelsysteme der Gesellschaft festlegt, ein Arbeitsfeld darstellt, in dem sich positiver gesellschaftlicher Wandel umsetzen lässt. Um während meines Studiums Erfahrungen in der politischen Arbeit zu sammeln, absolvierte ich unter anderem ein dreimonatiges Praktikum in einem Bundestagsbüro und konnte so wertvolle Einblicke in die politische Arbeit im Bundestag erhalten. Mittlerweile bin ich seit nunmehr vier Jahren am Missionsärztlichen Institut Würzburg in der politischen Anwaltschaft tätig. Hier führe ich in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit mit Joachim Rüppel Analysen zur Finanzierung der globalen Gesundheit durch und setze mich im politischen Raum für das Menschenrecht auf Gesundheit ein.

Welche fachliche Expertise bringst du zukünftig in das Aktionsbündnis gegen AIDS mit ein?

Aufgrund meiner fachlichen Expertise über politische Sachverhalte und Prozesse kann ich einen nützlichen Mehrwert in die Arbeit des AgA einbringen. Des Weiteren habe ich mich in die medizinischen und sozialen Aspekte von HIV eingearbeitet. Darüber hinaus ist das Missionsärztliche Institut seit Jahrzehnten im Bündnis engagiert und verfügt über facettenreiche Fachkompetenz in diesem Gebiet. Diesen Wissensstand möchte ich weitertragen und gemeinsam mit Partnern die wichtige Arbeit des AgA fortsetzen.

Was hat dich bewegt dich im und für das AgA zu engagieren?

Gesundheit ist die erste und wichtigste Voraussetzung für Leben und ist somit ein Menschenrecht, das unabhängig von Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Wohnort, Religion, Beruf, Haftstatus, Konsumverhalten oder sexueller Orientierung und Identität für jeden Menschen gilt. Mich motiviert es für dieses Menschenrecht zu kämpfen und zu diesem Zweck mein Wissen sowie meine fachlichen Erfahrungen einzusetzen und kontinuierlich zu erweitern. Die HIV-Epidemie ist eine der größten Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Solange HIV nicht vollständig heilbar ist und keine Impfung existiert, muss dafür gesorgt werden, dass alle HIV-positiven Menschen eine antiretrovirale Therapie erhalten, die ohne Unterbrechungen durchgeführt wird und für jeden bezahlbar ist. Denn HIV-positive Menschen können bei einer Unterdrückung der Viruszahl unter die Nachweisgrenze ein langes und glückliches Leben führen. Obendrein ist dadurch ein Übertragungsrisiko beinahe ausgeschlossen. Zeitgleich muss die HIV-Prävention von Schwangerschaft und Geburt an und über die komplette Lebensdauer hinweg effektiv weltweit stattfinden. Aus diesen Gründen setze ich mich dafür ein Diskriminierung und Ausgrenzung zu minimieren, Armut zu bekämpfen sowie den bezahlbaren Zugang zu Prävention, Diagnosetests und Medikamenten zu verbessern.

Wo siehst du die Stärken des AgA?

Das AgA ist das größte auf Gesundheit spezialisierte Netzwerk der deutschen Zivilgesellschaft. Es verfügt über eine große Anzahl an Mitträgern, die wertvolle Erfahrung und Expertise im Kampf gegen HIV und AIDS im In- und Ausland einbringen können. Dieses Potenzial kann sowohl für den Kampf gegen HIV als auch das Engagement gegen andere Erkrankungen zielführend genutzt werden.

Was sind deiner Meinung nach noch die größten Hindernisse zur Erreichung der 2030 Ziele?

Mit Blick auf die HIV-bezogenen Zielsetzungen blockieren bedauernswerterweise mehrere Hindernisse, die sich gegenseitig verstärken und in Wechselbeziehungen stehen, die Erreichung der 2030 Ziele:

  • Erstens sind Diskriminierung und Marginalisierung in vielen Situationen noch vorhanden und fatalerweise existieren in zahlreichen Ländern Gesetzgebungen, die HIV-Positive und Schlüsselgruppen unterdrücken und ausgrenzen.
  • Zweitens ist die universelle Gesundheitsversorgung mit einem Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen ohne finanzielle Belastung für jeden Menschen in den meisten Staaten noch nicht umgesetzt und selbst in Deutschland noch nicht lückenlos implementiert.
  • Drittens kommt erschwerend hinzu, dass essenzielle Instrumente im Kampf gegen HIV wie der Globale Fonds gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM) nicht ausreichend finanziert sind, um ihre vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben angesichts des immensen globalen Bedarfs ausreichend abdecken zu können.
  • Viertens ist die Verfügbarkeit und Anwendung erschwinglicher antiretroviraler Medikamente noch nicht überall gewährleistet.

Diese Themen sind folglich auch im Prozess „AgA+“ abgebildet. Jedoch kommen in Folge der COVID-19-Pandemie weitere schwerwiegende Hindernisse hinzu, da die Pandemie mit ihren Auswirkungen zu Therapieunterbrechungen führt, Gesundheitssysteme überlastet und Ressourcen bindet, die folglich nicht gegen HIV eingesetzt werden können. Zusätzlich dazu verursachen die negativen wirtschaftlichen Pandemiefolgen ökonomische Einbußen bei HIV-Patienten selbst sowie auf der Seite der Nationalstaaten, die als Resultat daraus über weniger finanzielle Möglichkeiten verfügen, um den Kampf gegen HIV in ihrem eigenen Land oder mithilfe von Entwicklungszusammenarbeit weiter voranzutreiben. Diese Herausforderungen können nur mit einer Steigerung der internationalen Solidarität und erhöhter Finanzierung für globale Gesundheit bewältigt werden. Doch die USA entzieht sich dieser Aufgabe, was besonders problematisch ist, weil diese Nation mit ihren finanziellen Zuwendungen an den GFATM und PEPFAR den weitaus größten internationalen Geldgeber im Kampf gegen HIV repräsentiert.

Nun da wir erfahren haben was deine bisherigen Erfahrungen sind und wie du dich in dem Aktionsbündnis engagieren möchtest, würden wir dich noch gerne persönlich ein bisschen besser kennen lernen. Was war denn z.B. einer deiner Lieblingsreiseziele die du jeder und jedem empfehlen würdest?

Als persönliches Reiseziel habe ich Vietnam als besonders spannend und sehenswert empfunden. Denn das Land verfügt nicht nur über eine sehr ereignisreiche Geschichte und interessante Kultur, sondern ist auch von Seiten der Gastfreundschaft der Bevölkerung, den beeindruckenden Landschaften und der kulinarischen Erlebnisse ein Genuss. In Zukunft möchte ich darüber hinaus erneut nach Honduras reisen, wenn dies die Pandemiesituation und die Sicherheitslage vor Ort zulassen. Honduras ist für mich ein ganz besonderes Reiseziel, da ich dort geboren wurde und auch meine ersten Lebensjahre in diesem Land verbrachte.

Gibt es noch irgendwelche Dinge die du gerne den Mitträgern und vor allem den Mitgliedern der katholischen Säule mitgeben/sagen möchtest?  

Ich will darauf hin arbeiten, dass wir gemeinsam die Bedeutung und Potenziale des AgA in dieser aufgrund der COVID-19-Pandemie sehr wichtigen Zeit in vollem Umfang nutzen. Damit wir als Ergebnis dieser Zusammenarbeit einen Beitrag dazu leisten können, dass die Weltgemeinschaft dem Ziel einer bestmöglichen Gesundheit für alle Menschen auf der Welt Schritt für Schritt näherkommt. Dafür bin ich immer offen für Gespräche und Kooperationen über bestehende Bündnisse hinaus. Denn Gesundheit ist ein Menschenrecht!

Aktionsbündnis gegen AIDS, 2024